"Schlaflos in Burgwedel"

 
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Hier fühle ich mich wohl

Aufgewachsen in Niendorf, zog ich nach meinen Studentinnenjahren 1995 mit Mann und Kleinkind in ein kleines, überschaubares, aus einigen wenigen neu errichteten Mehrfamilien- und vielen teilweise noch im Bau befindlichen Einfamilienhäusern entstandenes Neubaugebiet in Schnelsen-Burgwedel. Eingerahmt wurde dieses Neubaugebiet von alten Bauernhöfen, vielen wilden Wiesen mit Hühnern und Schafen (50 m von hier im Grothwisch) und etlichen alten kleinen Einfamilienhäusern entlang der alten Straßen. Mit uns zogen viele junge Familien, Singles und Paare hierher, in der Regel gut gebildet, in Arbeit und größtenteils friedfertig.
Es gab eine Vielzahl an Geschäften, wir hatten den Spar-Markt Detlev Reiß, wo man lose frische Bio-Milch kaufen konnte, einen Spielwarenladen, ein Gemüsegeschäft, ein Reisebüro, eine Reinigung, ein Kinderbekleidungsgeschäft, einen Drogeriemarkt, den Zeitungsladen,den Bäcker, die Apotheke, den Friseur, den Lohnsteuerverein. Dazu kamen Arztpraxen und ein kleines Einwohnermeldeamt, das Mütterzentrum entstand. Da natürlich von stadtplanerischer Seite kein Mensch hatte damit rechnen können, daß auch Kinder hierher ziehen, gab es anfangs einen ganz eklatanten Mangel an Kindergartenplätzen und Schulen. Erst nach einigem Aufruhr der Neu-BürgerInnen wurde dieser beseitigt, die Grundschule Rönnkamp entstand. Jenseits der Bahngleise, im wilden Wiesenland Richtung Ellerbek hinter einem Autohändler wurden die ersten Container für Asylsuchende aufgestellt ("Nur für fünf Jahre, bis alle Arbeit und eine richtige Wohnung haben. Versprochen!") Wir BürgerInnen dürfen uns ja nichts zu Schulden kommen lassen, die Behörde jedoch hat dieses Versprechen wieder und wieder gebrochen. Ich glaube, jetzt sind wir in der vierten Verlängerung, und nun sollen aus gebrochenen Versprechen auch endlich Taten folgen: etliche, teilweise fünfgeschossige Blocks für Wohnungslose und Asylsuchende sollen dort (übrigens auf einer ausgewiesenen Ausgleichsfläche für unser Neubaugebiet) in Kürze entstehen. Bürgerbeteiligung??? Brauchen wir bei den doofen Burgwedelern nicht, die schlucken doch alles! Hat ja bis jetzt auch keiner gemuckt! Nein, das haben wir in der Tat nicht. Ganz im Gegenteil: viele Menschen haben sich in den ersten Jahren für die Menschen in diesem Containerdorf engagiert, die Kirchengemeinde im Anna-Susanna-Stieg und das Kifaz waren neben zahlreichen Einzelpersonen helfend aktiv. Wir waren nicht so drauf wie die Menschen im reichen Björnssonweg, die solcherlei Ansinnen mit viel Geld für Juristerei einfach wegklagen. Aber, Herr und Frau StadtplanerIn: haben wir hier denn allmählich nicht genügend andere Probleme? Lesen Sie sich meine Beschreibung der Burgwedeler Anfangsjahre doch noch einmal in Ruhe durch, während Sie hier um den Roman-Zeller-Platz zu Fuß unterwegs sind, und Sie werden denken, ich beschreibe einen anderen Stadtteil. Passen Sie auf, daß Sie nicht in Scherben oder Erbrochenes oder Urinpfützen treten, lassen Sie sich nicht von dem überall in den ungepflegten Rabatten herumliegenden Müll irritieren, er liegt schon ewig dort. Vereinzelt kämpfen Hausmeister einen mühsamen Kampf gegen den Dreck und die Verelendung, aber es werden immer mehr Menschen und immer mehr Autos. Denn aus jedem alten kleinen Einfamilienhaus mit zwei alten Menschen wurden äußerst gewinnbringend Blocks mit zig Wohnungen für Hunderte von Menschen gebaut, auch die Bauernhöfe und die Gärtnerei sind verschwunden, auf jedem möglichen Quadratzentimeter wurden Wohnungen oder Häuser gebaut. Ich höre Sie schon sagen "Ach, wieder so eine, die Wohnungsbau nur woanders haben will!" Nein, will ich nicht. Ich finde es völlig in Ordnung, wenn auch andere Menschen in der "Stadtrandidylle" leben möchten. Aber wenn von dieser Idylle aber auch rein gar nichts übrigbleibt, sondern man durch die extreme Enge in einigen Bereichen und die mehr als ungeschickte Auswahl der Mieterschaft draußen eigentlich gar nicht mehr herumlaufen möchte, weil viel agressives Volk mit einem gänzlich anderen Verständnis von "Miteinander" herumläuft, weil man auf dem Plazu von johlenden Kindern mit dem Fußball regelrecht abgeschossen wird (wenn man die Kinder dann anspricht, erfährt man, daß Frauen überhaupt nichts zu sagen haben) + (schade um den teuren Fußballplatz neben den Gleisen, aber türkische Eltern schicken ihre Kinder zwar gerne ganztägig ´raus, aber sie müssen vor dem Haus bleiben, also spielen sie hier Fußball) und man bei Edeka in der Schlange von den Alkoholausdünstungen der Mitwartenden allein schon betrunken werden könnte, dann ist doch irgendetwas reichlich schief gelaufen! Dem besten Freund meines Sohnes wurde vor zwei Jahren ein Zahn ausgeschlagen, als er vor unserer Haustür am Roman-Zeller-Platz von einer Kinderbande angegriffen wurde. Mein Sohn hat immer Angst, wenn er draußen ist, weil er zu keiner Bande gehört. Ich bin mit meinen Kindern damals gemeinsam auf den Spielplatz gegangen oder die Kinder haben sich gegenseitig besucht und mit Barbie, Kaufladen, Puppen, Lego, Autos, Playmobil, Schleich etc. gespielt. So etwas scheint es bei dem überwiegenden Anteil der heutigen Bewohnerschaft nicht mehr zu geben. Die Kinder (und es gibt in etlichen Familien vier und mehr) sind abzüglich der Schulzeiten draußen unterwegs oder sitzen in den Treppenhäusern, weil sie ja weder mit noch ohne Freunde in die elterliche Wohnung dürfen. Ich habe schon Kinder draußen im Gebüsch ihre kleinen und großen Geschäfte verrichten sehen, manchmal ist nämlich auf einmal auch gar keiner mehr zuhause. Nachts ist im Sommer an Schlaf nicht zu denken, denn dann lassen es diejenigen, auf die kein arbeitsreicher Tag mit frühem Aufstehen wartet, es draußen beim Dönermann am Busbahnhof so richtig krachen. Da wird gerne mal bis früh um vier lautstark gefeiert, während man selbst bei dreissig Grad in der Wohnung die Fenster ob des Lärms nicht öffnen kann und ja sowieso schon gleich wieder aufstehen muß. Wenn meine Kinder Schule und Studium beendet haben und wir örtlich nicht mehr gebunden sind, werde ich so schnell wie möglich an einen ruhigeren und vor allem netteren Ort ohne soviel Dreck, Lärm und"Multikulti" ziehen, trotz superschöner großer Wohnung.

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"Shaddocks and Gibis"

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